Moorlandschaften und ihre Bedeutung für nachhaltige Entwicklung

Aus der Reihe: SDGs auf dem Prüfstand - Moore, Boden, Handelsabkommen

Autorin: Melanie Bernhard

Warum sind Moore eigentlich so ein Streitthema? Welche Interessen spielen dabei eine Rolle und was zeigt uns ein globaler Blick auf das Thema Moorlandschaften? Brauchen wir Moore für eine nachhaltige Entwicklung im Kontext der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs)?  

Der Schutz von Mooren ist essenziell, da sie nicht nur wichtige Kohlenstoffspeicher sind, sondern auch zur Biodiversität und Wasserregulierung beitragen. Dennoch steht ihre Wiedervernässung oft im Spannungsfeld mit den ökonomischen Bedürfnissen der Landwirt*innen, da Moorflächen über Jahrhunderte hinweg zur landwirtschaftlichen Nutzung entwässert wurden und Landwirt*innen heute strukturell auf die Bewirtschaftung von Moorflächen angewiesen sind.  

 

Wo gibt es Moore auf der Welt?

Globale Verteilung der Moorlandschaften. Quelle: Uni Greifswald (2021)

Moorlandschaften gibt es auf der ganzen Welt – in den Bergen, im Flachland, entlang von Flüssen und an Küsten1. Besonders häufig findet man sie jedoch in nördlichen Breitengraden, wo die klimatischen Bedingungen ihre Entstehung begünstigen. Hohe Niederschläge und kühle Temperaturen halten den Boden dauerhaft feucht und verlangsamen die Zersetzung organischen Materials, sodass sich über lange Zeiträume eine Torfschicht bilden kann. Doch auch in südlicheren Regionen gibt es Moore, vor allem in Gebieten mit ganzjährig hoher Feuchtigkeit. Besonders Tropenmoore, wie sie in Indonesien oder im Amazonasgebiet vorkommen, sind Beispiele für solche einzigartigen Ökosysteme2. 

 

Moorlandschaften im globalen Süden

Ein Drittel aller tropischen Moore befindet sich in Indonesien. Hier beläuft sich die Gesamtfläche der Moore auf 24 Mio. Hektar, das ist zwölfmal so viel wie in Deutschland und damit ein riesiger potenzieller CO²-Speicher. Indonesien zählt, neben der EU und Russland, allerdings auch zu den größten drei Emittenten durch entwässerte Moore3. Die Probleme sind ähnlich wie in Deutschland: Moorflächen werden beispielsweise für Palmölplantagen gerodet und für die wirtschaftliche Existenz der Landwirt*innen genutzt. Durch die dadurch entstehenden Waldbrände leiden die Moore stark – allerdings gibt es in Indonesien seit den 1990er Jahren eine staatliche Agentur zur Wiedervernässung der Moore, welche den Schäden durch die Brände erfolgreich entgegenwirkt und die Moor- und Torfbildung wieder anreizt. Außerdem werden Paludikulturen eingesetzt und durch die Nutzung ´einheimischer Moorpflanzen ist diese Form der Bewirtschaftung mittlerweile sogar staatlich anerkannt und unterstützt4 

 

Was sind Paludikulturen? 

Paludikulturen sind nasse Bewirtschaftungskonzepte für Moore, bei denen die Torfschicht erhalten bleibt und idealerweise neu gebildet wird. Diese Methode hilft, Treibhausgasemissionen erheblich zu reduzieren – statt 37 Tonnen CO-Aquivalente pro Hektar und Jahr auf Ackerböden werden nur fünf bis acht Tonnen bei der Nutzung von Paludikulturen freigesetzt. Auf trockenen Moorflächen werden dafür zunächst spezialisierte Pflanzen wie Schilf, Rohrkolben und Torfmoos angepflanzt, die an die feuchten Bedingungen angepasst sind. Diese Pflanzen gedeihen auf wiedervernässten Moorflächen und liefern nachwachsende Rohstoffe, die für verschiedene Zwecke wie Baustoffe, Brennstoffe oder medizinische Anwendungen genutzt werden können5. 

 

Trotz der wirtschaftlichen Nutzung und Entwässerung der Moore, ist Indonesien Vorreiter bei der Wiedervernässung: von 2017 bis 2021 wurden ca. 3,6 Mio. ha wiedervernässt, das ist fast 20x so viel wie in der EU insgesamt jemals. Ein weiteres bedeutendes Ökosystem im globalen Kontext ist das Cuvette-Centrale-Moor im Kongobecken – vermutlich das größte tropische Torfmoor der Erde mit einer Fläche, die in etwa der Größe Englands entspricht6. Der Vorteil dieses Gebiets liegt in seiner weitgehenden Unberührtheit: Weder Brände noch großflächige Rodungen haben bisher maßgeblich Einfluss auf den Kohlenstoffspeicher genommen. Allerdings stellt die politische Unsicherheit der Region eine erhebliche Gefahr dar. Geplante Mineralölbohrungen, für die Lizenzen an ausländische Unternehmen verkauft werden sollen, könnten die Moorlandschaft massiv schädigen. Schätzungen zufolge würde die wirtschaftliche Erschließung etwa eine Million Hektar Moorfläche zerstören – umso problematischer, da nur ein kleiner Teil dieses Gebiets unter Naturschutz steht7. 

 

Der Moorschutz spielt eine wichtige Rolle für zahlreiche Ziele der nachhaltigen Entwicklung (SDGs) und unterstreicht die Bedeutung globaler Zusammenarbeit – ähnlich wie im Klimaschutz insgesamt. Dabei ist die Leitidee „Global denken, lokal handeln“ von zentraler Bedeutung.

 

Die Bedeutung der Moore für den Klimaschutz

Austausch von Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) zwischen Moorboden und Atmosphäre​, nach Succow&Joosten (2001)

Obwohl Moore nur etwa 3% der globalen Landfläche bedecken, spielen sie eine entscheidende Rolle im Klimaschutz. Durch ihre mächtigen Torfschichten speichern sie enorme Mengen an Kohlenstoff – mehr als doppelt so viel COund Methan wie alle Wälder der Erde zusammen. Anders als Wälder, die Kohlenstoff hauptsächlich in ihrer Biomasse binden, lagern Moore ihn über Jahrtausende in ihren wassergesättigten Böden ein und verhindern so dessen Freisetzung in die Atmosphäre. Werden Moore jedoch entwässert, etwa für landwirtschaftliche Nutzung oder Torfabbau, beginnt der gespeicherte Kohlenstoff zu oxidieren und als Treibhausgas freigesetzt zu werden, was den Klimawandel beschleunigt. Der Schutz und die Wiedervernässung von Mooren sind daher essenzielle Maßnahmen, um ihre Funktion als natürliche Kohlenstoffsenken zu erhalten und den globalen Temperaturanstieg zu begrenzen8 (s. Grafik).  

 

Landwirtschaft & Moorschutz in Deutschland und Schleswig-Holstein – schwer vereinbar?

Was ist der Interessenskonflikt? Worum geht es eigentlich?

Moore spielen eine Schlüsselrolle für den Klimaschutz und die Biodiversität: Sie speichern CO und Methan effizient im Boden und bieten einen einzigartigen Lebensraum für zahlreiche Arten. Dennoch wurden viele Moorlandschaften seit dem 17. und 18. Jahrhundert in Deutschland für die landwirtschaftliche Nutzung, Siedlungen und den Abbau der Torfschichten entwässert. Während Klimaschützer*innen eine Wiedervernässung der Moore fordern, stehen Landwirt*innen vor der Herausforderung, ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage zu sichern. 

 

Landwirtschaftlich genutzte Moorflächen haben eine zentrale Bedeutung für deutsche Landwirt*innen, da sie seit Generationen ein fester Bestandteil der landwirtschaftlichen Produktion sind. Bereits seit dem 17. Jahrhundert wurden Moore systematisch entwässert, um neue Flächen für die Landwirtschaft zu gewinnen – ein Prozess, der die wirtschaftliche Abhängigkeit von diesen Böden über Jahrhunderte hinweg verfestigt hat9. Eine Wiedervernässung würde daher nicht nur erhebliche wirtschaftliche Verluste bedeuten, sondern erfordert auch tragfähige Alternativen für die Betriebe. Gleichzeitig ist der Moorschutz essenziell für den Klimaschutz, da entwässerte Moore große Mengen an CO freisetzen. Der Diskurs muss daher Lösungen finden, die sowohl die ökologischen Herausforderungen als auch die ökonomischen Realitäten der Landwirtschaft berücksichtigen.

Moorschutz und landwirtschaftlicher Ertrag kann auch zusammengetragen werden: das StartUp Klimafarm nutzt Paludikulturen, um den Moorboden zu vernässen und anschließend mit Grünland zu bewirtschaftet. Die Ernte dient als Grundlage für Produkte wie Substratplatten, Pilzmycelplatten und Torfersatzstoffe. Obwohl die Produktentwicklung noch in den Anfängen steht, zeigt das Projekt erste Erfolge und bietet Potenzial, um Klimaschutz und wirtschaftliche Interessen der Landwirt*innen miteinander zu verbinden10. 

 

Fazit

Die Balance zwischen wirtschaftlichen Interessen und Moorschutz ist eine globale Herausforderung, denn Moore sind als CO-Speicher essenziell für den Klimaschutz. Besonders tropische Moore in Indonesien und im Kongobecken binden enorme Mengen an Kohlenstoff, doch ihre Zukunft ist durch wirtschaftliche Nutzung und politische Unsicherheiten bedroht. Indonesien zeigt, dass großflächige Renaturierung trotz ökonomischer Interessen möglich ist – eine Herausforderung, vor der auch Deutschland mit der Wiedervernässung seiner Moorlandschaften steht. Da internationale Märkte, etwa durch den Handel mit torfhaltigen Produkten, direkt auf diese Ökosysteme einwirken, ist der Schutz der Moore eine gemeinsame Verantwortung und unverzichtbar für den Klimaschutz. 

Politische Entscheidungen spielen in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Gefordert werden verlässliche Rahmenbedingungen, die den Schutz der Moore langfristig gewährleisten, ohne dabei die wirtschaftliche Existenz von Landwirt*innen zu gefährden. Dies erfordert eine gezielte Förderpolitik, die sowohl ökologische als auch ökonomische Aspekte berücksichtigt und praktikable Lösungen für eine nachhaltige Nutzung dieser wertvollen Landschaften bietet. 

Alltags-Tipp: Blumenerde geht auch ohne Torf

Viele Blumenerden auf dem deutschen Markt sind torfhaltig – meistens sogar importiert. Das geht auch ohne! Viele Baumärkte verkaufen Blumenerde, die nicht torfangereichert ist – ein einfacher Schritt für Moorschutz im Alltag.  

 

 

Quellen & Literatur

1 Heinrich-Böll-Stiftung (2023). Mooratlas - Daten und Fakten zu nassen Klimaschützern. Online unter: https://www.boell.de/sites/default/files/2025-01/mooratlas_2023.pdf

2 WWF (2025). Moore: nasse Verbündete im Klimaschutz. Online unter: https://www.wwf.de/themen-projekte/fluesse-seen/lebensraeume/moore

3 GiZ (2025). Indonesien: Schutz der kostbaren Moore und Wälder. Online unter: https://berichterstattung.giz.de/2018/unsere-arbeit-weltweit/klima-und-energie/indonesien-schutz-der-kostbaren-moore-und-waelder/index.html

4 WWF (2025). Moore: nasse Verbündete im Klimaschutz. Online unter: https://www.wwf.de/themen-projekte/fluesse-seen/lebensraeume/moore

5 Paludi Kultur Greifswald (2020). https://www.moorwissen.de/files/doc/newsletter/Paludikultur%20Newsletter%202020_01%20Deutsch.pdf

6 Umweltstifung Greenpeace (2025). Kongo: Erforschung des größten Torfmoors der Erde. Online unter: https://umweltstiftung-greenpeace.de/projekte/%C3%BCbersicht-themenfonds/wald-und-biotopschutz-fonds/kongo-erforschung-des-gr%C3%B6%C3%9Ften-torfmoors-der-erde/

7 Heinrich-Böll-Stiftung (2023). Moore im Kongobecken: Nasse Klimaschützer in Gefahr. Online unter: https://www.boell.de/de/2023/09/11/moore-im-kongobecken-nasse-klimaschuetzer-gefahr

8 Mooratlas (2023), Umweltstiftung Greenpeace (2025)

9 Bauernverband SH (2025). Moorschutz und Landwirtschaft. Online unter: https://www.bauern.sh/themen/moorschutz-und-landwirtschaft.html

10 Stiftung Naturschutz (2025). Moore nachhaltig nutzen. Für Landwirtschaft und Klimaschutz. Online unter: https://www.klimafarm.stiftungsland.de/

 

Weitere Literatur

Uni Greifswald (2021). https://www.uni-greifswald.de/universitaet/information/aktuelles/detail/n/greifswalder-moorkarte-auf-weltklimakonferenz-zeigt-globales-klimaschutzpotenzial/

Bauern SH (2021). Marksteine neuer Wege im Moorschutz. https://www.bauern.sh/fileadmin/Bilder/Themen/Moorschutz/Marksteine_neuer_Wege_im_Moorschutz_Endversion_26.08.21_1_.pdf

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