5 Anregungen - so wirst du ein guter Ally!
Text: Mieke Baltzer
Wenn wir uns für die Eine Welt einsetzen, ist es für uns als entwicklungspolitische Akteur*innen wichtig zu überprüfen, wie wir den Weg zu einer solidarischen Gesellschaft und mehr Gerechtigkeit auch in unserem alltäglichen Handeln und Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen fördern. In diesem Artikel bieten wir Anregungen zur Selbstreflexion und Lernschritte, wie du ein*e gute*r Ally (Verbünte*r) von diskriminierten Personen wirst. Wir haben diesen Artikel verfasst, nachdem wir an einem Allyship-Workshop mit Dr.in Jule Bönkost teilgenommen haben. Weitere Literatur und Bildungsangebote gibt es hier: www.diskriminierungskritische-bildung.de
Der Begriff „Allyship“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Verbündet-Sein“. Als „Ally“ positionierst du dich gegen Diskriminierung und zeigst aktiv Handlungsbereitschaft, dich für mehr Gleichberechtigung im Alltag einzusetzen. Viele Menschen sind aber von der Angst gehindert, etwas falsch zu machen. Wann soll ich einschreiten? Wann halte ich mich besser im Hintergrund und gebe der diskriminierten Person Raum? Wie kann ich einen Beitrag leisten, der wirksam ist und niemanden verletzt? Das sind typische Fragen, die immer wieder aufkommen und vor lauter Verunsicherung ein effektives Handeln manchmal unmöglich erscheinen lassen. Da „Allyship“ aber so wichtig ist, werden im Folgenden einige Methoden präsentiert, die helfen, verbündet gegen Diskriminierung vorzugehen.
Sei dir deiner privilegierten Position bewusst!
Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille. Selbst, wenn du nicht selbst von Diskriminierung betroffen bist, betrifft sie dich. Diskriminierung lässt sich nicht aufteilen in Täter und Opfer, sondern sie zeigt auf, dass eine große Mehrheit zumeist stillschweigend genau dazwischensteht.
Diesen „Bann“ gilt es zu durchbrechen, indem du erkennst, wie du die eigene privilegierte Stellung nutzen kannst, um Diskriminierung entgegen zu treten. Dazu musst du zuerst anerkennen, dass du im Hinblick auf die meisten Arten von Diskriminierung privilegiert bist. Geht man von einer Unterteilung in Rassismus, Sexismus, Ableismus und Klassismus aus, wäre die Person mit den meisten Privilegien beispielsweise ein weißer, heterosexueller, gut verdienender cis-Mann ohne Behinderungen. Erst wenn du deine eigene Position erkannt hast, kannst du gezielt agieren und zum Ally werden.
Reflektiere deine persönlichen Unsicherheiten!
Der nächste Schritt ist dann die eigene Auseinandersetzung mit diesen Privilegien. Da jede*r andere Erfahrungen macht und unterschiedliche Anknüpfungspunkte mit Diskriminierung hat, ist diese Selbstreflektion äußerst individuell. Wichtig ist dabei, dass du dir selbst gegenüber ehrlich bist und gegebenenfalls Unsicherheiten oder Abwehrmechanismen anerkennst, die beim Bündnishandeln hinderlich sein können. Tatsächlich ist die bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen der erste Schritt zur Besserung!
Hilfreiche Fragen, die den Denk- und Reflexionsprozess anstoßen, wären etwa:
- Wie frequent und auf welche Art und Weise informiere ich mich über Diskriminierung?
- Bin ich mir all meiner Privilegien bewusst und handle ich auch aus diesem Wissen heraus?
- Wie reagiere ich auf Situationen, in denen ich Beobachter von diskriminierenden Aussagen oder Taten bin?
- Was tue ich bis jetzt aktiv gegen Diskriminierung und was würde ich gerne tun?
Weiß ich, wann ich einschreiten muss, und erkenne ich, wann ich mich zurücknehmen soll?
Überdenke mögliche Alltagssituationen, in denen Diskriminierung vorkommt
Selbst wenn du nicht oft in Kontakt mit diskriminierten Personen bist, kann sich doch jede*r eine Situation vorstellen, in der man selbst gerne als Ally auftreten möchte. Diese hypothetischen Szenarien lassen sich beliebig aus dem Familienkontext, anhand eines fiktiven oder echten Arbeitsumfeldes oder auch im Freundeskreis gedanklich durchspielen. Suche dir einfach einen Kontext und eine Form von Diskriminierung aus und versetze dich mental in die Situation hinein.
Welche Herausforderungen ergeben sich, wenn in deiner Freundesgruppe ein syrischer Geflüchteter ist, der in seinem Alltag des Öfteren aufgrund seiner Herkunft diskriminiert wird? Welche Konflikte kannst du dir vorstellen, wenn du an ein großes Unternehmen denkst, in dem ausschließlich eine Frau angestellt ist? Welche Probleme siehst du selbst als unüberwindbar an?
Das Gedankenspiel anhand von fiktiven Kontexten ist natürlich immer von den eigenen Erfahrungen geprägt, aber es kann durchaus gute Handlungsmaximen für die Realität aufzeigen.
Suche den Austausch mit Menschen, die nicht privilegiert sind!
Das beste Mittel gegen Diskriminierung: Kommunikation. Wie bereits festgestellt ist der persönliche menschliche Charakter genauso pluralistisch wie unsere Gesellschaft. Wir sind alle unterschiedlich und auch beim Bündnishandeln wird von uns von Person zu Person sowie von Situation zu Situation etwas anderes erwartet. Oder eben auch mal gar nichts. Wie eine Person, die Diskriminierung erfährt, sich fühlt, kann von uns Privilegierten wohl keiner authentisch und in vollem Umfang nachempfinden.
Deshalb sollten wir immer Rücksicht auf die Bedürfnisse dieser Personen nehmen. Der einfachste Weg, das zu tun, ist, den Dialog zu suchen. Zur Veranschaulichung greifen wir an dieser Stelle noch einmal auf das Beispiel des Unternehmens zurück, der Vielfältigkeit halber aber mit der Änderung, dass die potenziell von Diskriminierung betroffene Person im Rollstuhl sitzt: Keiner der anderen Mitarbeiter*innen weiß, wie es ist, in der Mobilität derartig eingeschränkt zu sein, aber sie wollen alle, dass sich die Person deshalb nicht benachteiligt fühlt. Um ihre Bedürfnisse berücksichtigen zu können, hilft es, beim gemeinsamen Mittagessen zu fragen, wie sie im Arbeitsalltag unterstützt werden möchte. Ebenso gilt es, Raum für Grenzen zugeben , denn es ist durchaus möglich, dass Hilfe nicht immer gewünscht ist.
Wann in einer diskriminierenden Situation ein Einschreiten erforderlich ist, ist nicht immer leicht zu erkennen. Sprichst du jedoch vorher mit der Person über mögliche Komplikationen, so kannst du besser entscheiden, ob die betroffene Person im konkreten Fall einen Verbündeten braucht oder ob sie lieber in Ruhe gelassen werden möchte. Natürlich lassen sich diese individuellen Aspekte manchmal erst im Nachhinein klären, allenfalls ist es aber wichtig, dass du den Kontakt suchst und auf Augenhöhe über Diskriminierung redest. Das bedeutet aber auch, dass du dem Gegenüber klar machst, dass du die eigene privilegierte Position kennst.
Tausche dich mit anderen Privilegierten über Allyship aus und informiere Menschen über die Thematik!
Wenn du erstmal so weit bist, dass du als reflektierter Ally agierst, ist es an der Zeit, das gesammelte Wissen an andere weiterzugeben. Dabei kannst du dich zugleich über Bündnishandeln austauschen und durch eigene Erfahrungen das Handeln anderer Privilegierter bereichern, die ihr Verhalten in ähnlichen Situationen gegebenenfalls anpassen können.
Auf diese Weise profitiert die Gesellschaft als Ganze von Allyship, indem wir alle zusammen handeln und unser Wissen an Privilegierte weitergeben, die sich noch zu unsicher fühlen, um effektiv als Ally aufzutreten. Der Kampf gegen Diskriminierung hat eben nicht nur eine Seite und es kann sich nur etwas ändern, wenn alle einen Teil dazu beitragen.