Die Kaffeelieferkette Teil 1 von 2

Vom Setzling über die Kirsche bis zur grünen Bohne

Menschen Stoßen mit drei Kaffeetassen an.
Foto von Nathan Dumlao auf Unsplash

Autorin: Grete Götte

Grete ist Studentin der Ernährungs- und Verbraucherökonomie und hat bis September 2022 im BEI gearbeitet. Dann hat sie die Reiselust und die Leidenschaft für nachhaltige Lieferketten gepackt. So ist Grete vom BEI nach Amsterdam aufgebrochen, um bei Moyee Coffee Nederland B.V. die Kaffeelieferkette zu entdecken. Bei Zukunft.Global teilt sie ihr neues Fachwissen und ihre Eindrücke mit uns.

Bereits der Gedanke an eine frische Tasse Kaffee mit Hafermilchkrone lassen mich morgens zufriedener in den Tag starten. Die Zubereitung und der Genuss beim Trinken ähneln einem Ritual. Ruhige und entspannte 15 Minuten, danach kann der Tag beginnen. Allerdings stelle ich mir in letzter Zeit häufiger die Frage, welchen Impact mein Konsum auf die Umwelt, die (Klein-) Bäuer*innen im Ursprungsland und grundsätzlich auf den globalen Kaffeehandel hat. Ich habe mich auf die Suche nach Antworten gemacht und möchte hier zeigen, was ich dabei gefunden habe.

Robusta, Arabica und 130 andere Sorten

Wenn wir uns einen Kaffee (bot. coffea) oder Espresso bestellen, wird uns in der Regel ein Heißgetränk aus Arabica (bot. coffea arabica) und /oder Robusta (bot. coffea canephora) Bohnen serviert. Arabica Bohnen variieren geschmacklich zwischen süß und sauer bis hin zu würzig oder fruchtig. Die Robusta Bohne hat hingegen einen kräftigen und ausgewogenen Geschmack und wird vor allem als Espressobohne verwendet. Um einen bestimmten Koffein- und Stärkegrad zu erreichen, werden beide Sorten teilweise auch zu einem „Blend“ vermischt. Informationen dazu können wir bereits durch eine Nachfrage bei der / dem Barista erhalten oder auf der Rückseite der Kaffeeverpackung.

Wer es wie ich deutlich genauer wissen möchte, stellt schnell fest, dass Kaffee entlang der Lieferkette durch mehrere Hände gereicht wird, bevor er in den Konsumländern ankommt. Zudem ist Kaffee ein erstaunliches Naturprodukt. Die Kaffeesorten Arabica und Robusta zählen zur Gattung der Rötegewächse (bot. Rubiaceae). Hierzu zählen ca. 130 weitere Kaf-feesorten. Der Ernteertrag der meisten ist jedoch zu gering, sodass sich für den kommerziellen Handel bisher nur die Arabica und Robusta Bohnen durchgesetzt haben. Die beiden Sorten machen einen Anteil von ca. 99 Prozent der weltweiten Kaffeeproduktion aus.

Ein Kaffeegürtel umspannt den Globus

Rötegewächse lassen sich generell in unterschiedlichen Klimazonen auf der ganzen Welt finden. Kaffeesträucher sind allerdings vor allem in den Tropen und Subtropen zu finden. Das Hauptanbaugebiet des weltweit konsumierten Kaffees erstreckt sich über die gesamte Breite des Äquators. Die Fläche liegt wie ein Gürtel über Mittelamerika, Südamerika, Afrika, die Karibik und Asien, deshalb spricht man auch vom Kaffeegürtel (engl. Coffeebelt). In den Regionen herrscht das ganze Jahr über ein ausgeglichenes Klima, welches für Kaffeesträucher beste Anbaubedingungen bietet. Denn diese bevorzugen ausreichend Feuchtigkeit, keine extremen Hitze- oder Kälteschwankungen sowie einen lockeren, gut belüfteten und nährstoffreichen Boden mit einem leicht sauren pH-Wert. Arabica Kaffee wächst am besten bei einer Durchschnittstemperatur von 18 – 25 Grad und Robusta Kaffee bei einer Durchschnittstemperatur von 26 Grad.

Die Pflanzen werden oft in Plantagen angebaut. Ihre Blätter sind zum Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung mit einer wachsartigen Oberfläche versiegelt, quasi wie eine naturgegebene Sonnencreme. Dennoch spenden im Optimalfall andere Pflanzenkulturen, zum Beispiel Mangobäume oder Bananenstauden, den Kaffeesträuchern zusätzlichen Schatten und schützen sie vor Wind. Dadurch wird zudem die biologische Vielfalt der Plantagen und Felder gefördert und aufrechterhalten.

Wie pflanzt man einen Kaffeestrauch?

Die Kaffesätzlinge wachsen heran.

Die Kaffee-Setzlinge werden von den (Klein-) Bäuer*innen auf einzelnen Plantagen selbst in Baumschulen herangezogen oder hinzugekauft. Sie werden aus Kaffeebohnen angezogen, indem diese in fruchtbare Böden ausgesät werden. Nach einiger Zeit fängt die Bohne an zu keimen und wird anschließend durch den Trieb aus dem Boden gehoben.

Kurz danach platzt die Bohne ab und legt die ersten Blätter frei. Durch intensive Pflege, Bewässerung und Düngung wachsen die Setzlinge innerhalb von sechs bis acht Monaten heran und können anschließend in den Kaffeeplantagen oder in Mischfeldern ausgepflanzt werden. Je nach Sorte erreichen die Kaffeesträucher eine Höhe von drei bis vier Metern. In der Regel werden die Sträucher jedoch auf zwei Meter Höhe gehalten, denn dadurch wird der Erntevorgang erleichtert.

Eine Kaffeepflanze braucht bis zu vier Jahre, bis sie das erste Mal blüht und bestäubt werden kann. Arabica Kaffee ist selbstfertil, d.h. die Pflanze ist in der Lage sich selbst zu befruchten. Die Kaffeeblühte findet in der Nacht und nur über wenige Stunden statt. Aus den weißen Blüten bilden sich zwei bis drei Tage nach der Bestäubung die ersten Früchte. Diese werden Kaffeekirschen genannt. In den Kaffeekirschen wächst die Kaffeebohne heran, die aus zwei Kernteilen besteht, in denen das Koffein gebildet und gespeichert wird. Umschlossen wird die Bohne von einem Silberhäutchen (engl. silverskin), Pergamenthaut (engl. parchment) und Zellstoff (engl. pulp). Das Koffein in der Bohne produziert die Pflanze nicht (nur), um uns einen guten Start in den Tag zu ermöglichen. In erster Linie dient es dem Schutz vor Insekten und Schädlingen.

Koffein ist ein natürlicher Insektenschutz

Die reifen, roten Kaffeekirschen wurden geerntet.

Arabica Kaffee wächst im Hochlandgebiet, ab Höhenlagen von ca. 1.000 Metern. Hier ist das Sauerstoffvorkommen geringer, weshalb die meisten Insekten und Schädlinge nicht überleben. Die Pflanze hat also weniger Fraßfeinde und bildet deshalb auch weniger Koffein. Anders beim Robusta Kaffee, welcher im Flachland auf bis zu 900 Metern Höhe wächst. Hier tummeln sich in der tropischen und feuchten Luft allerlei Mikroorganismen, Insekten und Schädlinge. Um diese Feinde abzuhalten, bildet die Robusta Bohne im Vergleich zur Arabica Bohne mindestens die doppelte Menge an Koffein.

Bis die Kaffeekirschen nach der Blüte erntereif sind, vergehen ca. neun Monate. Bei Robusta sind es sechs bis acht Monate. Die Kaffeekirschen wechseln abhängig vom Reifegrad ihre Farbe von grün, zu gelb und kurz vor der Ernte geht der Farbton ins rötliche über. Überreife Kirschen sind dunkelrot bis schwarz und werden nicht weiterverarbeitet. Sobald die Kaffeekirschen den gewünschten Reifegrad erreicht haben, wird mit der Ernte begonnen.

Kirschenpflücken mit der Hand, mit der Strip-Methode oder mit Erntemaschinen

Bei der Erntemethodik wird grob zwischen der Hand-Pflückmethode, Strip- und Maschinen-Pflückmethode unterschieden. Die Ernte per Hand ist sehr zeit- und arbeitsintensiv, sie garantiert jedoch eine hohe Qualität. Auch die Ernteverluste sind geringer, weil nur die reifen Kaffeekirschen gepflückt werden. Allerdings muss der Erntevorgang auch mehrere Male wieder-holt werden, bis alle reifen Kaffeekirschen geerntet wurden. Von Hand werden vor allem hochwertige Arabica Bohnen geerntet. Bei der Strip-Methode werden alle Kaffeekirschen in einem Vorgang von den Zweigen gestreift. Zuvor werden große Tücher rund um die Kaffeesträucher ausgelegt, um die Kaffeekirschen aufzufangen. Vorzugsweise auf großen, teilweise bereits modernen Kaffeeplantagen werden Pflückmaschinen eingesetzt. Mechanisch werden hiermit die Kaffeekirschen von den Ästen der Kaffeesträucher gekämmt und in integrierten Sammelbehältnissen aufgefangen. Nach der Ernte werden die Kaffeekirschen unmittelbar weiterverarbeitet, denn aufgrund ihres hohen Wasseranteils von bis zu 60 Prozent sind sie nicht lange haltbar und frisch. 

Jetzt kommt die Bohne aus der Kirsche

Hier trocknen die Kaffeekirschen auf den Hochbeeten. Es lassen sich gut die verschiedenen Farbverläufe der Kirschen erkennen.

Weiterverarbeitet wird die Kirsche nass (engl. „washed/wet“), trocken (engl. „natural/dry“) oder halbtrocken. Dieser Vorgang erfolgt entweder durch die (Klein-) Bäuer*innen auf der Plantage selbst oder die Kaffeekirschen werden an eine Aufbereitungsstelle weitergegeben. Für den trockenen Verarbeitungsprozesse werden die geernteten Kaffeekirschen auf Hochbeeten aus Mattengewebe in der Sonne getrocknet. Diese Methode findet häufig bei den Kaffeekirschen der Sorte Robusta Anwendung. Nach spätestens fünf Wochen sind die Kirschen getrocknet und haben noch einen Restwasseranteil von zehn Prozent. Das Fruchtfleisch wird immer trockener, sodass es sich mit der Zeit von selbst von der Bohne abschält. Um Schimmel- oder Pilzbildung zu vermeiden, müssen die Kaffeekirschen täglich gewendet und gedreht werden.

Bei der nassen Methode wird das Fruchtfleisch mithilfe eines Pulpers weitestgehend mechanisch von den Kaffeekirschen abgewaschen. Danach werden die Bohnen bis zu drei Tage lang fermentiert, bevor sie erneut gewaschen und weitere 15 Tage zum Trocknen ausgelegt werden. Dieser Prozess wird vor allem bei Arabica Kaffee angewandt. Dabei entwickeln sich mehr Aromen, jedoch wird auch mehr Wasser verbraucht. Eine weitere Methode ist der halbtrockene Aufbereitungsprozess. Das Fruchtfleisch wird dabei maschinell von den Bohnen abgetrennt, danach werden die Bohnen zum Trocknen mitsamt Fruchtfleischresten und ohne Fermentation auf Hochbeeten ausgelegt.

Letzte Schritte vor dem Rösten

Vor dem Transport zur Rösterei müssen die Kaffeebohnen in einem letzten Arbeitsschritt geschält, sortiert und verpackt werden. Dabei werden die verbliebene Pergamenthaut sowie Reste vom getrockneten Fruchtfleisch mithilfe einer Trockenmühle (engl. dry mill) oder Schälmaschinen entfernt. Die noch vorhandene Hülle wird durch diese Maschinen entweder durch Druck aufgebrochen oder gegen einen Widerstand geschleudert. Im nächsten Schritt werden die Bohnen ein weiteres Mal kontrolliert, sortiert und klassifiziert. Bei der Endklassifizierung werden die Bohnen unter anderem nach Größe und Farbe sortiert. Je nach Ausstattung der Plantagen erfolgt dieser Schritt per Hand oder Sortiermaschine. Die Bohnen werden dann im letzten Arbeitsschritt nach Qualität eingestuft, bepreist und für den Weitertransport abgefüllt. In diesem Stadium werden die Bohnen in der Regel als grüne Bohnen, also ungeröstetem Rohkaffee gehandelt. 

Ausblick

Die Kaffeebohne hat bereits verschiedene Stufen der Lieferkette durchlaufen. Bis dato befindet sich die Bohne noch im Ursprungsland. Im nächsten Artikel werden wir uns anschauen, wie die grüne Bohne gehandelt wird und den letzten Schritt der Lieferkette erreicht, bevor sie uns Endkonsument*innen zum Genuss zur Verfügung steht. 

Weitere Informationen unter:

MOYEE COFFEE Nederland B.V. online 


MORRIS, J. (2021): COFFEE A GLOBAL HISTORY. Reaction Books Ltd. London.


HOFFMANN, J. (2018): THE WORLD ATLAS OF COFFEE. FROM BEANS TO BREW-ING – COFFEES EXPLORED, EXPLAINED, AND ENJOYED. Octopus Publishing Group Ltd. 2ND Edition.

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