Moore als Klimaschützer
5 Fragen an… Ute Ojowski, Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein
Interview: Benjamin Hellwig
Ob als Privatperson oder Unternehmen, durch Konsumverhalten, Mobilität oder Produktionsprozesse: Es gibt viele Stellschrauben, um den eigenen CO2-Verbrauch zu vermeiden und zu reduzieren – und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Wie aber kann ein zukunftsweisender Umgang mit unvermeidbaren Emissionen aussehen?
Beim Thema Klimaschutz durch CO2-Speicherung stehen Wälder hoch im Kurs. Warum sollte man die Reaktivierung von entwässerten Moorflächen in dieser Diskussion nicht vernachlässigen?
Im weltweiten Durchschnitt enthalten Moore 137.500 Tonnen Kohlenstoff pro Quadratkilometer. Das macht sie zu den kohlenstoffreichsten aller terrestrischen Ökosysteme der Welt. Moore bedecken jedoch beispielsweise nur weniger als fünf Prozent der Landesfläche Deutschlands. Mit etwa zwei Milliarden Tonnen speichern sie genauso viel Kohlenstoff wie die Wälder, einschließlich der ober- und unterirdischen Biomasse, Totholz und Böden, die jedoch ein Drittel der Landesfläche bedecken. Daran kann man ermessen, warum Moore und deren Vernässung für den Klimaschutz so immens wichtig sind: Im Vergleich zu Wäldern erfolgt die Kohlenstoffspeicherung in Mooren auf viel weniger Fläche. Im Zuge der land-, aber auch forstwirtschaftlichen Innutzungnahme sind Moorflächen durch uns Menschen aber tiefgreifend verändert und vor allem tief entwässert worden. Im trockenen Zustand stoßen die Moorböden jedoch große Mengen an klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid aus. Aktuell werden aus entwässerten Moorböden jährlich ca. 40 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente freigesetzt. Unsere organischen Böden stellen zwar nur einen Flächenanteil von sieben Prozent der landwirtschaftlich genutzten Böden, sie sind jedoch für 37 Prozent der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Durch eine Anhebung der Wasserstände in unseren Mooren können wir diese klimaschädliche Wirkung effektiv beheben. Durch die große Flächeneffizienz ist die Wiedervernässung von Mooren daher die kostengünstigste Klimaschutzmaßnahme der deutschen Land- und Forstwirtschaft!
Bundesweit sind 95 Prozent der Moore derzeit entwässert. Welche weiteren Vorteile sehen Sie in der Wiederherstellung von intakten Mooren?
Moore sind hocheffiziente Wasserfilter, beispielsweise für Nitrate, und verbessern so messbar die Wasserqualität und tragen zur Grundwasserneubildung bei. Zudem können Moore schnell große Mengen an Wasser speichern, sie wirken sozusagen wie ein Schwamm, sodass bei Überschwemmungsereignissen, etwa nach Starkregen, im Moorkörper große Mengen an Wasser zurückgehalten werden. Und im Sommer werden sie durch erhöhte Verdunstungsraten zu kühlenden Klimaanlagen ganzer Regionen. Ganz wichtig jedoch: Moore sind einzigartige Lebens- und Rückzugsräume für viele hochspezialisierte und vor allem oftmals in ihrem Bestand gefährdete und seltene Tier- und Pflanzenarten. Das gilt sowohl für Schleswig-Holstein, als auch für ganz Deutschland. Es handelt sich um Extremstandorte mit hohen Wasserständen in denen sowohl nährstoffarme, extrem saure, aber auch nährstoffreiche oder basische Bedingungen bei meist kaltem Mikroklima herrschen können. Überlebenskünstler wie der fleischfressende Sonnentau kommen nur in Mooren vor. Man kann Moore also mit Fug und Recht als Schatzkammern der biologischen Vielfalt bezeichnen.
„Jedes verkaufte MoorFutures-Zertifikat steht damit für die Emissionseinsparung von einer Tonne CO2-Äquivalente.“
Wer MoorFutures-Zertifikate erwirbt, leistet in Schleswig-Holstein einen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgase. Wie funktioniert diese Rechnung genau?
Um ihre Speicher- und Senkenfunktion für Kohlenstoff zu erfüllen, benötigen Moorböden ganzjährig einen nahezu oberflächennahen, man sagt auch flurnahen, Wasserstand. Im MoorFutures- Projekt wurden genau zu diesem Zweck Wiedervernässungsmaßnahmen durchgeführt, die das Ziel haben, flurnahe Wasserstände wiederherzustellen und damit dem fortschreitenden Torfabbau und den damit verbundenen hohen Kohlenstoffemissionen aus dem Moorkörper entgegenzuwirken. Auf diese Weise werden vormals hohe Treibhausgasemissionen aus dem Moorboden deutlich verringert. Der Umfang dieser Verringerung, also der Treibhausgas- Einsparung durch Wiedervernässung gegenüber dem Zustand an Emissionen, die das Moor ohne Wiedervernässung auch zukünftig ausstoßen würde, lässt sich mit anerkannten wissenschaftlichen Methoden ermitteln. Für das Königsmoor-Projekt kommt über die gesamte Projektlaufzeit von 50 Jahren eine Emissionseinsparung, also Klimaschutzleistung, von 39.520 Tonnen CO2-Äquivalente zusammen. Diese Menge, die nicht mehr in die Atmosphäre ausgestoßen wird, kann in Form von 39.520 Moor- Futures-Zertifikaten von uns bereitgestellt werden. Jedes verkaufte MoorFutures-Zertifikat steht damit für die Emissionseinsparung von einer Tonne CO2-Äquivalente.
Mit welchem Handeln können Schleswig-Holsteiner die Renaturierung und den Erhalt von Mooren unterstützen?
CO2-Emissionen sind generell klimaschädlich, daher geht es ja in erster Linie darum, die eigenen Treibhausgasemissionen grundsätzlich zu verringern. Unser individueller CO2-Fußabdruck setzt sich aus verschiedenen Bereichen zusammen: aus unserer Fortbewegung, dem Wohnen, unserer Ernährung und unserem grundsätzlichen Konsumverhalten. Immer mehr Menschen möchten ihre nicht vermeidbaren Treibhausgasemissionen zum Teil oder auch ganz durch die Unterstützung eines Klimaschutzprojektes freiwillig kompensieren. MoorFutures-Zertifikate dienen genau diesem Zweck – durch den Kauf der Zertifikate können sich Privatpersonen, Unternehmen oder Institutionen an der Wiedervernässung des Projekts beteiligen und so mit ihrem Handeln zu einer Reduktion der Treibhausgasemission von Mooren beitragen. Sie helfen mit ihrem Handeln, Moore als Kohlenstoffspeicher und Orte der Artenvielfalt zu erhalten und wiederzubeleben.
Aus welchen unterschiedlichen Gründen entscheiden sich Menschen für den Erwerb der Zertifikate?
Ein Schüler hat uns berichtet, dass er seine Aufwandsentschädigung für eine Ehrenamtstätigkeit in ein Klimaschutzprojekt investieren wollte und dann das Projekt MoorFutures im Internet gefunden hat. Zudem schrieb er uns: „Mir haben bei Ihrem Projekt vor allem die Regionalität, der Artenschutz und die direkte und messbare Decarbonisierung der Atmosphäre durch intakte Moore gefallen.“ Eine Käuferin aus Hamburg schrieb uns: „Moore finde ich nicht nur eine faszinierende Landschaftsform, sondern auch eine gute Möglichkeit, regional den Klimaschutz zu unterstützen. Das nahm ich zum Anlass, mir zu meinem letzten Geburtstag statt Geschenken einen Beitrag für den Kauf von Klimaschutzzertifikaten zu wünschen.“ Und ein Käufer aus Lübeck schrieb: „Der konkrete Grund war, dass wir ein Ferienhaus in Italien erworben haben, welches wir grundsätzlich mit der Bahn oder dem, mit vielen Menschen vollgepackten, Pkw erreichen und das Fliegen bestmöglich meiden. Nun ließ sich einmal ein Einrichtungs-Flug nicht vermeiden und bei der Gelegenheit habe ich einmal nach der Moor-Geschichte geschaut.“
Mit dem Klimarechner der Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein lässt sich der eigene CO2-Verbrauch berechnen:
www.moorfutures-schleswig-holstein.de
Weitere Infos unter:
www.ausgleichsagentur.de