SDGs und ich? – Ein Projektrückblick

Grafik: Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V.

Autor: Christoph Kose

Wie kann man junge Menschen für die Themen unserer Zeit begeistern – für Gerechtigkeit, Klimaschutz oder nachhaltigen Konsum? Das Projekt „SDGs und ich?“ hat sich genau dieser Aufgabe gestellt. In Schleswig-Holstein beschäftigten sich im Schuljahr 2024/2025 über 400 Schüler*innen aus insgesamt 21 Klassen mit den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDGs) – auf ihre ganz eigene Weise.

Lernen, was Nachhaltigkeit mit dem eigenen Leben zu tun hat

Ziel des Projekts war es, Jugendlichen – vor allem aus weniger privilegierten Lebenslagen – zu zeigen, dass Nachhaltigkeit mehr ist als ein abstraktes Schlagwort. Die Schüler*innen sollten ihren persönlichen Zugang zu Nachhaltigkeit finden, globale Zusammenhänge kennenlernen und für lokale Lösungen entwickeln.

In mehrteiligen Workshop-Reihen mit Einheiten wie:

  • „Blick in die Welt: Ungleichheiten und Perspektiven“,
  • „Wasser – ein Menschenrecht“,
  • „Nachhaltige Stadt“ oder
  • „Ernährung & Klima“

entdeckten sie, wie ihr Alltag mit globalen Herausforderungen verknüpft ist – und wie sie selbst etwas bewegen können.

Bildung, die bewegt: Lernen mit Kopf, Herz und Hand und zu Fuß

Das Konzept setzte auf praxisnahe Methoden und Beteiligung. GPS-Rallyes, Exkursionen in Weltläden oder Second-Hand-Shops, faire Schokoladen-Workshops oder Klimafrühstücke machten globale Themen greifbar. Besonders gut kamen Aktivitäten an, bei denen die Jugendlichen selbst aktiv werden konnten – etwa beim Erkunden nachhaltiger Orte in ihrer Stadt.

„Die Rallye hat den Schüler*innen gut gefallen“, berichtete eine Lehrkraft aus Kiel.

Die Lehrerin einer 7. Klasse aus Lübeck hob in ihrem Feedback „Die abwechslungsreiche Methodik und das Eingehen auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler“ hervor.

Die sechs in der non-formalen Bildungsarbeit erfahrene Workshop-Referent*innen passten ihre Methoden kontinuierlich an. Dabei wurde klar: Einfache Sprache, Visualisierungen und Zeit zum Kennenlernen sind entscheidend, wenn man Jugendliche aus sehr unterschiedlichen Lebenswelten erreichen möchte.

Nachhaltigkeit als Gemeinschaftsprojekt

© Jessica Meier

Von Flensburg bis Lübeck nahmen 21 Gemeinschaftsschulen und Berufsbildungszentren teil, von denen 13 durch das Land Schleswig-Holstein ausgewiesene PerspektivSchulen sind.  Viele Jugendliche entdeckten neue Perspektiven auf ihre eigene Rolle in einer globalisierten Welt.

Lehrkräfte hoben hervor, dass die Workshops eine besondere Atmosphäre des Miteinanders schufen – oft jenseits des gewohnten Schulalltags. „So macht es Spaß, über die SDGs mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen“, lautete die Rückmeldung einer Lehrerin aus der 8. Klassenstufe.

Das konnte das Projekt bewirken

Nach der Auswertung der von zwei Feedbackbefragungen sowie Rückmeldungen aus den Klassen lässt sich klar sagen:

  • Die Schüler*innen erweiterten ihr Wissen über Nachhaltigkeitsthemen deutlich.
  • Sie erkannten Bezüge zu ihrem eigenen Alltag – auch wenn der Transfer manchmal herausfordernd war
  • Die Lehrkräfte nahmen viele Anregungen für ihre eigene Bildungsarbeit mit.

Über 75 % der beteiligten Lehrkräfte würden das Format weiterempfehlen. Besonders positiv fiel auf, dass die Workshops auch an bestehende Fächer wie Verbraucherbildung oder Fit for Life anknüpften im Schulalltag anknüpfen konnten. 

Herausforderungen und Lernmomente

Neben den vielen positiven Eindrücken hatte das Projekt auch mit Unwägbarkeiten zu kämpfen. Personalknappheit in den Schulen und ein dicht getaktetes Schuljahr machten die Terminabstimmung mitunter schwierig. Die individuelle Anpassung des Workshop-Konzepts an sehr heterogene Lerngruppen forderte insbesondere zu Beginn noch viel Nachjustieren. Und auch die Finanzierungsfrage blieb an einigen Standorten länger unklar als ursprünglich angenommen. Hier stand aber stets der Anspruch, dass auf keinen Fall die Schüler*innen bzw. Ihre Familien belastet mit Teilnahmebeiträgen werden.  Der Umgang mit diesen Hürden zeigte jedoch, wie flexibel und lernfähig das Projekt war.

Besonders sichtbar wurde im Projektverlauf eine zentrale pädagogische Herausforderung der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE): der Balanceakt zwischen Individualisierung und struktureller Verantwortung. Jugendliche sollen erkennen, dass ihr eigenes Handeln zählt – gleichzeitig darf ihnen nicht das Gefühl vermittelt werden, sie allein trügen die Verantwortung für globale Missstände. Genau hier lag ein spannendes Lernfeld für Referent*innen und Lehrkräfte gleichermaßen.

In vielen Workshops zeigte sich, dass Zweifel, Widersprüche und auch Widerstände seitens der Jugendlichen keine Störung des Lernprozesses waren, sondern Teil davon. Wenn Schüler*innen Fragen stellten wie „Was kann ich denn schon tun?“ oder „Warum sollen wir auf etwas achten, das andere gar nicht interessiert?“, wurde Raum für echte Auseinandersetzung geschaffen. Diese Momente boten Gelegenheit, Verantwortungsebenen altersgerecht zu differenzieren – zwischen individueller Lebensgestaltung, politischen Rahmenbedingungen und globalen Wirtschaftsstrukturen.

Zugleich bleibt es ein Spagat, zwischen dem Setzen von Anregungen und Beispielen für Alltagsrelevanz und dem selbstständigen Erschließen dieser Bezüge durch die Jugendlichen. Beide Wege haben ihren Wert: Während konkrete Beispiele Orientierung bieten, fördern selbst entwickelte Ideen Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortung und im Optimalfall auch die differenzierte politische Meinungsbildung.

Für zukünftige Projektphasen könnten hier begleitete Projektwerkstätten mit externen Kooperationspartner*innen eine vielversprechende Ergänzung darstellen. In solchen Settings könnten Schüler*innen eigene Vorhaben entwickeln – etwa kleine Schulaktionen, lokale Projekte oder Medienbeiträge – und dabei von Expert*innen unterstützt werden. So ließe sich der Lernprozess noch stärker in Richtung aktiven, gemeinschaftlichen Handelns öffnen.

Fazit: Nachhaltigkeitsbildung beginnt auf Augenhöhe

Foto GPS-Rallye: Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V.

„SDGs und ich?“ hat gezeigt, dass globale Themen lebendig werden, wenn junge Menschen ihre eigenen Fragen stellen dürfen – und Antworten in ihrer Umgebung finden.

Mit über 100 Workshops, 21 Klassen und 412 Jugendlichen war das Projekt ein starkes Beispiel dafür, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung gelingen kann – nicht als Belehrung, sondern als gemeinsamer Lernprozess.

Oder, wie es eine Referentin formulierte:

„Wir als Referent*innen müssen uns nur darauf einstellen. Umso wichtiger, dass gerade diese Jugendlichen von unseren Workshops profitieren und die Angebote bekommen. Viele nehmen es dankend an, unabhängig von der aktiven Teilnahmen im Workshop.“

 

Danke an alle teilnehmenden Schulklassen, Lehrkräfte und Referent*innen sowie unserer Projektförderer!

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